Bei Alleineigentum ist die Errichtung einer Ladestation rechtlich unproblematisch. Bei Wohnungseigentum (WE) und Miete stellen die Zustimmungserfordernisse der anderen Wohnungseigentümer (WEer) bzw. des Vermieters zu Änderungen am Bestandsobjekt eine Barriere für die Elektromobilität dar.
Der erste Schritt bei der Errichtung einer Ladestation ist die Prüfung, ob es im Haus bereits einen Stromanschluss am Parkplatz oder eine Leerverrohrung in der Garage gibt. In diesem Fall könnte die Errichtung der Ladestation einer „unwesentliche Änderung“ entsprechen, bei der der WEer (vorausgesetzt, er übernimmt alle Kosten) nicht die Zustimmung der anderen Miteigentümer einholen müsste.
Die Judikatur zählt zu diesen „unwesentlichen Änderungen“ z. B. die Verlegung von Rohren über Putz (nicht aber bei Eingriffen in das Mauerwerk) und die Anbringung von Radiatoren ohne Mauerdurchbrüche.
Mauerdurchbrüche
Bei Mauerdurchbrüchen zur Verlegung einer Stromleitung ist jedenfalls von einer baulichen und damit wesentlichen Änderung auszugehen, die auch meist in die allgemeinen Teile des Hauses greift. In diesem Fall müssen alle WEer dem Projekt zustimmen. Erlangt der betroffene WEer bei der Beschlussfassung nicht die Einstimmigkeit, so kann dieser die zahlreichen Voraussetzungen des § 16 WEG im Rahmen eines Außerstreitverfahrens vom Außerstreitrichter prüfen lassen (§ 52 WEG).
Die Genehmigung des Außerstreitrichters kann die Zustimmung der übrigen WEer ersetzen. So ist u. A. nachzuweisen, dass es durch die Änderung nicht zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen WEer oder der äußeren Erscheinung bzw. Schädigung des Hauses kommt. Bei Eingriff in die allgemeinen Teile des Hauses muss die Änderung dazu entweder verkehrsüblich sein (hängt von der Beschaffenheit des Hauses ab, z.B. Ausbau des Dachbodens) oder einem wichtigen Interesse des WEers dienen.
Dies gilt per se für in § 16 Abs 2 Z 2 WEG aufgezählte privilegierte Vorhaben. Darunter fällt die Errichtung von Stromleitungen. Der OGH hat festgestellt, dass der Gesetzgeber bei den im Gesetz aufgezählten verkehrsüblichen Änderungen an die heute selbstverständlichen Versorgungseinrichtungen moderner Wohnungen und nicht an die Befriedigung von Luxusbedürfnissen dienende Ausstattung von Wohnungen oder Geschäftsräumen gedacht hat (5 Ob 269/98i).
Ob die Errichtung einer Stromleitung für die Versorgung einer Ladestation automatisch unter ein privilegiertes Vorhaben fällt, ist unter Heranziehung der bisherigen Judikatur nicht eindeutig feststellbar. Handelt es sich um ein privilegiertes Vorhaben, so würde die weitere Prüfung des Außerstreitrichters (die Erfüllung der Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 WEG insb. Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen WEer vorausgesetzt) zugunsten des errichtenden WEers entfallen.
Zustimmung oder nicht?
Bei einem Mietobjekt, das in den Anwendungsbereich des MRG fällt, kommt analog zu § 16 WEG § 9 MRG bei Änderungen zur Anwendung. Der Hauptmieter hat eine von ihm beabsichtigte wesentliche Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstands dem Vermieter anzuzeigen. Lehnt der Vermieter nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Anzeige die beabsichtigte Veränderung ab, so gilt seine Zustimmung als erteilt.
Sind bauliche Veränderungen durch Mauerdurchbrüche, Verlegung von Kabeln etc. notwendig, so kommen jedenfalls die weiteren Prüfvoraussetzungen des § 9 Abs 1 MRG (fast wortgleich zu den Voraussetzungen des § 16 Abs 2 WEG) zur Anwendung. Sofern sich die Wohnung im WE befindet, ist jedenfalls vom Vermieter/WEer die Zustimmung der anderen WEer einzuholen, bevor er dem Mieter seine Zustimmung zur Errichtung geben kann. Lehnt der Vermieter den Änderungswunsch nach erfolgter Anzeige ab, so kann der Mieter seinen Anspruch im Außerstreitverfahren gem. § 37 Abs1 Z 6 MRG durchsetzen.
Es gibt bisher keine veröffentlichte Judikatur zu § 16 WEG bzw. § 9 MRG über die Errichtung von Ladestationen. Eine gewisse Unsicherheit bei den Gesetzesbegriffen „unwesentliche Änderung“, „privilegierte Vorhaben“, „Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen“ bleibt, bis das Thema ausjudiziert ist. Eine Ergänzung der im Gesetz aufgezählten privilegierten Vorhaben um die Errichtung von Ladestationen (nicht nur der Verlegung eines Stromanschlusses) könnte zu einer Klarstellung der Rechtslage beitragen und der Förderung der Elektromobilität dienen.
Der vorliegende Text ist ein Auszug aus dem im Februar 2018 bei Manz erscheinenden Fachbuch „Elektromobilität und Recht“ von Dr. Daphne Frankl-Templ, MA
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